Versuch FPI-4 (Druckversion)
Michelson-Interferometrie von Infrarotstrahlung
1. Zielsetzung des Versuchs
Der Versuch mit dem Michelson-Interferometer soll in die Fourier-Spektroskopie einführen und mit grundlegenden Arbeitsweisen und Techniken optischer Experimente im Infrarot (IR)-Bereich vertraut machen. Zu den konkreten Zielsetzungen gehört die Aufnahme von Interferogrammen monochromatischer Strahlung (Laser) also auch von Schwarzkörperstrahlung (glühender Ofen) mit und ohne Schmalbandfilter im nahen Infrarot (λ=0.8-5.0 µm) mit Hilfe eines Michelson-Interferometers. Außerdem soll durch die Superposition frequenzmäßig dicht benachbarter Strahlung zweier IR-Quellen, nämlich Laserstrahlung bei 3.39 µm und durch ein Schmalbandfilter transmittierte Schwarzkörperstrahlung eines Muffelofens bei 3.31 µm, eine Schwebung erzeugt und als Schwebungsinterferogramm aufgezeichnet werden.
Durch Fourier-Transformationen sollen schließlich aus den Interferogrammen spektrale Daten der Strahlungsquellen bestimmt werden.
2. Vorkenntnisse
2.1 Aufbau, Funktionsweise und theoretisches Auflösungsvermögen eines Michelson-Interferometers, Abhängigkeit der Strahlungsintensität am Ort des Detektors vom relativen Gangunterschied der Interferometerspiegel bei mono- und poly-chromatischer Strahlung (vgl. Abbildung A).
2.2 Funktionsprinzip eines He-Ne-Infrarotlasers (λ=3.39 µm).
2.3 Physikalische Grundlagen der Schwarzkörperstrahlung sowie anderer IR-Strahlungsquellen wie Entladungslampen.
2.4 Funktionsweise von Interferenzfiltern, Transmissionseigenschaften von CaF2, SiO2, Si und ZnSe im sichtbaren und im infraroten Spektralbereich.
2.5 Funktionsweise eines pyroelektrischen Detektors, Detektorcharakteristika ("responsivity", "noise-equivalent power" NEP), Unterschied zwischen thermischen und Quantendetektoren.
2.6 Lock-in-Verfahren, Funktionweise eines "Choppers" und eines Lock-in-Verstärkers.
2.7 Fourier-Transformation und ihre Anwendung bei der Analyse von Interferogrammen. Verwendung eines Michelson-Interferometers als Fourier-Spektrometer.
Abbildung A: Interferogramme einfacher Spektren
3. Literatur
Der Praktikumsversuch wurde im Rahmen der Staatsexamensarbeit "Aufbau eines Michelson-Interferometer-Versuchs im nahen Infrarotbereich für das Physikalische Praktikum für Fortgeschrittene" von U. Grubert ausführlich dokumentiert.
(Das Lesen diese Arbeit ist VOR der Versuchdurchführung SEHR zu empfehlen!)
Eine Auswahl an weiterführender Literatur zu den angegebenen Themenbereichen findet sich in:
3.1 (zu 2.1) P. R. Griffiths: "Chemical Infrared Fourier Transform Spectroscopy" (Bibliotheks-Signaturen: UKP 125, UKP 159)
3.2 (zu 2.2) O. Svelto, ins Englische übersetzt von D. C. Hanna: "Principles of Lasers" (UGA 136, UGA 151)
3.3 (zu 2.3) J. A. Jamieson, R. H. McFee, G. N. Plass, R. H. Grube, and R. G. Richards: "Infrared Physics and Engineering" (UKP 147)
3.4 (zu 2.4) R. D. Hudson, Jr., and J. Wordsworth Hudson: "Infrared Dectectors" (UGL 113)
3.5 (zu 2.5) D. Munroe: "The Heterodyning Lock-in Amplifier", Informationsheft der Ithaco Inc. , Ithaca, New York, März 1973.
3.6 (zu 2.6) J. M. Stone: "Radiation and Optics" (UGJ 116) sowie alle Lehrbücher zur Fourieranalyse.
4. Messaufbau
Der prinzipielle Aufbau des Experimentes ist in der Versuchsanleitung ausführlich dargestellt (vgl. Abbildung B). Die optischen Bauelemente sind auf einer T-förmigen optischen Bank angeordnet. Über einen justierbaren Folienspiegel aus Polyäthylen wird die IR-Strahlung des He-Ne-Lasers (3.39 µm) durch Reflexion (7%) in das Michelson-Interferometer eingespiegelt. Aus dem kontinuierlichen Spektrum des Muffelofens wird mit Hilfe eines Interferenzfilters ein schmalbandiger Spektralbereich bei einer Wellenlänge von 3.31 µm herausgefiltert. Diese Strahlung wird durch den Folienspiegel transmittiert und in das Interferometer eingestrahlt. Innerhalb des Interferometers wird die einfallende Strahlung durch einen ZnSe-Strahlteiler auf den beweglichen Spiegel reflektiert, der über einen Hebelmechanismus von einem Getriebemotor mit einem Untersetzungsverhältnis von 128000:1 angetrieben wird. Der Hebelmechanismus ist mit einer Mikrometerschraube versehen und untersetzt den Vorschub des Antriebssystems in einem Verhältnis von 5:1. Mikrometerschraube und Getriebemotor sind über die Achse eines 20-Wendel-Potentiometers miteinander verbunden, das die Funktion eines Wegaufnehmers für den beweglichen Spiegel hat und den Vorschub eines X-Y-Schreibers bei der Aufnahme von Interferogrammen steuert. Die zum festen Interferometerspiegel durch die ZnSe-Strahlteilerplatte und eine ZnSe-Kompensationsplatte transmittierte Strahlung interferiert nach der Reflexion am Spiegel an der strahlteilenden Schicht mit dem vom beweglichen Spiegel reflektierten Strahlungsanteil und wird mit einer CaF2-Linse auf einen pyroelektrischen Detektor fokussiert. Sowohl die CaF2-Linse als auch der mit einem Si-Fenster versehene Detektor sind mit Hilfe einer Justiereinrichtung verschiebbar. Zwischen Folienspiegel und Interferometer befindet sich ein "Chopper" im Strahlengang, dessen Frequenz mit einem Regeltransformator zwischen 0 und 50 Hz variiert werden kann. In das Choppergehäuse ist eine Elektronikschaltung integriert, mit der das Referenzsignal für einen Lock-in-Verstärker erzeugt wird. Das "zerhackte" Detektorsignal wird auf den Lock-in-Verstärker gegeben, nachdem es mit einem separaten Vorverstärker verstärkt worden ist. Die zu messenden Interferogramme werden schließlich mit einem XY-Schreiber aufgenommen, wobei auf die X-Koordinate die Gleichspannung des 20-Wendel-Potentiometers und auf die Y-Koordinate die Ausgangsspannung des Lock-in-Verstärkers gegeben wird.
Abbildung B: Prinzipieller Aufbau des Experimentes
5. Meßprogramm
5.1 Justierung des Experimentes:
a. Spiegeln Sie sichtbare Laserstrahlung (633 nm) über den justierbaren Folienspiegel und den ZnSe-Strahlteiler auf das Zentrum des beweglichen Spiegels und von dort zurück auf die Auskoppelöffnung des Lasers (Autokollimation). Dabei ist es hilfreich, den festen Spiegel des Interferometers abzudecken. Unter KEINEN Umständen sollte der Einstellung des beweglichen Spiegels verändert werden.
b. Überlagern Sie die Teilstrahlen beider Interferometerspiegel mit Hilfe der Justierschrauben des festen Spiegels, bis Interferenzstreifen auf einer Mattscheibe vor dem Muffelofen sichtbar werden.
c. Justieren Sie die Detektoreinrichtung, die Schwarzkörperstrahlung und das Schmalbandfilter mit den entsprechenden Teilstrahlen der Laserstrahlung.
d. Tauschen Sie den Justierlaser gegen den Infrarotlaser aus. Überprüfen Sie die Justierung des Experimentes anhand des Detektorsignals und dessen Variation bei Veränderung des Gangunterschiedes auf der Anzeige des Lock-in-Verstärkers. Überprüfen Sie die Phase am Lock-in-Verstärker. Optimieren Sie die Einstellung des festen Spiegels mit Hilfe der Piezo-Antriebe, indem Sie in der Position eines Minimums versuchen, das Signal auf Null zu bekommen.
5.2 Analysieren Sie die Signalform des Detektorsignals bei großen und kleinen Chopperfrequenzen. Messen Sie die Detektorspannung in Abhängigkeit von der Chopperfrequenz mit dem Oszilloskop und dem Lock-in-Verstärker zwischen 5 und 50 Hz.
5.3 Nehmen Sie ein Interferogramm
mit monochromatischer Laserstrahlung mit Hilfe des Lock-in-Verstärkers und des
XY-Schreibers bei hoher Spiegelvorschubgeschwindigkeit und ihr angepasster
Zeitkonstante des Verstärkers auf. Die Chopperfrequenz sollte zwischen 30 und
35 Hz liegen. Die Anzahl der aufgezeichneten Min/Max sollte >> 100 sein!
Passen Sie dafür den Verstärkungsfaktor des Lock-in-Verstärkers und den
XY-Schreiber an die Intensität der Laserstrahlung an. In alle
Interferogramme sollten für die spätere Auswertung genügend Eichmarken für den
Spiegelvorschub eingetragen werden.
5.4 Nehmen Sie das Interferogramm eines Weißlichtspektrums auf, indem Sie das ungefilterte Spektrum des Muffelofens in das Interferometer einstrahlen. Die Weißlichtposition, deren Lage aus den entsprechenden Ablesemarken der Mikrometerschraube bestimmt werden soll, befindet sich im Skalenintervall von 5.6-5.8 mm. Die Messung sollte mit kleiner Spiegelvorschubgeschwindigkeit und kleiner Zeitkonstanten des Lock-in-Verstärkers durchgeführt werden.
5.5 Nehmen Sie ein Interferogramm der gefilterten Strahlung des Muffelofens auf, nachdem Sie den Lock-in-Verstärker und den XY-Schreiber an die Intensität der Strahlung in der Weißlichtposition angepasst haben. Die Messung sollte beiderseits der Weißlichtposition erfolgen. Achtung: Da einer der Endanschläge des Motors recht nah an der Weißlichtposition liegt (bei ca. 5.4 mm), sollte die Aufnahme des Interferogramms kurz vor dem Endanschlag beginnen und ca. 1 mm lang sein (Anzeige der Mikrometerschraube).
5.6 Nehmen Sie zwei Schwebungsinterferogramme auf, indem Sie die Laserstrahlung mit der Strahlung des Schmalbandfilters überlagern:
a. Passen Sie zunächst die Amplitude des Laserinterferogramms an die des Schmalbandfilters in der Weißlichtposition an. Die Anpassung erfolgt durch das Einbringen von Polyäthylenfolien in den Strahlengang des Lasers. Durch Drehung der Folien können Sie eine Feinabstimmung vornehmen.
b. Passen Sie in einem weiteren Schritt die Amplitude des Laserinterferogramms an die des Schmalbandfilters bei einer mittleren Intensitätsamplitude an. (Bei zu kleiner Amplitude wird der relative Anteil des Rauschuntergrundes am Gesamtsignal zu groß.)
Starten Sie ihre Interferogramme ungefähr an der gleichen Position wie bei der Aufnahme des schmalbandigen Spektrums. Die Interferogramme sollten mindestens 2 Schwebungsknoten enthalten.
6. Auswertung
6.1 Stellen Sie die Signalform des Detektorsignals bei großer und kleiner Chopperfrequenz graphisch dar. Tragen Sie Ihre Messwerte in ein Diagramm für die Abhängigkeit der Detektorspannung von der Chopperfrequenz ein. Geben Sie eine physikalische Deutung für Ihre Ergebnisse.
6.2 Bestimmen Sie die Wellenlänge des Infrarotlasers aus dem in Punkt 5.3 aufgezeichneten Interferogramm (mit Fehlerrechnung!) und vergleichen Sie das Ergebnis im Rahmen der Fehler mit der Erwartung.
6.3 Ermitteln Sie die Ablesemarke, bei der sich die Weißlichtposition des Interferometers befindet.
6.4 Ermitteln Sie aus dem in Punkt 5.5 aufgezeichneten Interferogramm des Schmalbandfilters die Wellenlänge für die maximale Transmission (wie bei 6.2) und berechnen Sie die Breite des Filters. (Alles natürlich auch mit Fehlerrechung!) Stellen Sie den Funktionsverlauf B(ν) grafisch dar.
6.5 Ermitteln Sie aus dem in Punkt 5.6 a oder b aufgezeichneten Schwebungsinterferogramm die Wellenlängen der beiden überlagerten Strahlungsquellen (incl. Fehlerrechnung). Stellen Sie den Funktionsverlauf B(ν) grafisch dar.